Am 24. Februar begann Wladimir Putin den Krieg gegen die Ukraine. Bereits am Mittag jenes Tages dachte in Russland niemand mehr an etwas anderes – ausgenommen die Leitung des Bolschoi-Theaters. Dort stand eine Premiere an, die trotz internationalem Cast und einem US-Dirigenten am Pult auch vonstattengehen sollte. Mut oder Heuchelei?
Von Aya Makarova
Lohengrin handelt von Krieg und Politik. Das mag nicht auf Anhieb ins Auge springen, denn Wagner versteht es, die Zuhörer mit Mythologie, mit auf Fantasy gebürsteter Historie und Liebesgeschichten abzulenken. Aber die gesamte Handlung dreht sich um die Erwartung eines kommenden Krieges und das Gefühl ständiger Unsicherheit, die sich zu einem tiefen Zweifel an dem, was wirklich ist, auswachsen – niemand weiß mehr, was er oder sie noch glauben soll, derart, dass selbst Elsa das Nichtwissen nicht länger ertragen kann. Das Werk ist so intendiert, sein Autor auf der Suche nach einer zu findenden oder zu konstruierenden nationalen Identität. Man muss kaum hinzufügen, dass die Person Wagner nicht eben neutral ist, kein Name, der einfach durchginge – besonders in Russland, einem Land mit starken Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg.
Man möchte sagen, dass die Wahl von Lohengrin für den Programmzettel des „wichtigsten Opernhauses des Landes“ (wie das Bolschoi-Theater oft in den Medien genannt wird), eine ebenso riskante wie noble Entscheidung darstellt, auch wenn das Stück bereits seit fünf Jahren geplant war.
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