Zur Eröffnung der Festspiele in Bergen hat Lise Davidsen ihr Tosca-Debüt gegeben – in prominenter Begleitung von Freddie De Tommaso und Bryn Terfel, der sich als Spielmacher dieser sich immer rasanter entwickelnden konzertanten Aufführung erweist.
Von Stephan Schwarz-Peters
Große Oper braucht keine Inszenierung, kein Bühnenbild und keine Kostüme. Wenn das Stück gut ist und die richtigen Protagonisten beisammen sind, reicht die nüchterne Kulisse eines Zweckbaus aus, um den Puls des Publikums in die Höhe zu treiben. Wie in der 1978 errichteten Grieghalle im norwegischen Bergen, einem architektonischen Unikum, in dem sich zeittypische Betonbauweise mit glasfrontbewährter Eleganz vermischt. Hier wurden auch in diesem Jahr die Internationalen Festspiele in Bergen eröffnet, ein kunterbunter Musik- und Kulturmix aus Klassik, Pop, Jazz, Theater, Tanz und allerlei Experimentellem, der die hübsche Stadt neben ikonischen Hansehäusern, Fjordlandschaft und stimmungsvollen Wetterkapriolen zur beliebten Anlaufstelle für Besucher macht. Unter ihnen am Abend des 24. Mai: König Harald und Königin Sonja, die ganz vorn in der vollbesetzten Grieghalle auf Sesseln thronen und ihre königlichen Augen auf ein weiteres, deutlich jüngeres Nationalidol richten.
Lise Davidsen hat sich dank ihrer außergewöhnlichen Stimme schon mit Mitte 30 den Ruf erworben, die wohl bedeutendste Sängerin Norwegens nach Kirsten Flagstad und Ingrid Bjoner zu sein. Jeder neue Karriereschritt, sei es ein Haus- oder Rollendebüt, ist ein Ereignis von internationaler Tragweite. In Bergen, wo sie einige Zeit studierte, ist sie erstmals als Tosca zu erleben – in einer weiteren legendären Partie also, diesmal einer italienischen, neben den deutschen Wagner-, Strauss- und Beethoven-Geschossen, die sie bislang abgefeuert hat. Als Heimspiel bietet der Bergener Festspielauftritt ideale Debüt-Voraussetzungen für Davidsen. Ihre Zuhörer wiederum können sich dank fehlender Bühnenaktion umso besser auf die stimmliche Leistung konzentrieren, die die an sich schon unübersehbare, weit über 1.80 m in die Höhe ragende Sängerin im auffälligen roten Tosca-Kleid an diesem Abend erbringt.
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt:
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!Kostenlos lesbar: