Seit dem 24. Februar hat sich innerhalb der Russischen Föderation auch die Situation für Kunst und Kultur dramatisch verändert, auf ebenso erwartbare wie auch auf unvorhersehbare Art und Weise. Ein Blick aus Moskau auf das gegenwärtige Musikleben der Stadt und des Landes.
Von Aya Makarova
Balletttänzer aus der Ukraine greifen zu den Waffen, um ihr Land zu verteidigen. Valery Gergiev verliert alle seine westlichen Posten. Anna Netrebko nimmt eine Auszeit. Russische Sänger, Regisseure und Dirigenten werden ersetzt. Polen setzt russische Opern ab. Zwar waren Tschaikowsky und Mussorgsky definitiv keine Putin-Unterstützer, doch die Desillusionierung in Europa ist so groß, dass der Umgang mit russischer Kultur nur noch unter Schwierigkeiten möglich ist. Das Hauptproblem der Menschen im Land ist das allerdings nicht – viel akuter ist dort die Frage, wie in Russland das Leben weitergehen soll.
Ist es ethisch vertretbar, auf der Bühne zu stehen und zu singen, wie wir es vor dem Krieg getan haben? Ist es überhaupt möglich, im Publikum zu sitzen und unbeschwert eine Vorstellung zu genießen? Muss man sich nicht schuldig fühlen, wenn man an Musik und Theater denkt? Hat der Tod eines fiktionalen Cavaradossi oder der Untergang einer unwirklichen Walhall noch irgendeine Bedeutung? Die Künste und Geisteswissenschaften verstummen. Wer immer sich gegen den Krieg ausspricht, muss nun sehr vorsichtig sein. Für die, die es nicht sind, gibt es eine ganze Auswahl an Maßnahmen – der Verlust der Arbeit oder eine Geldstrafe gehören zu den freundlicheren. Oder wie wäre es mit Gefängnis oder Folter? Eines der wichtigsten russischen Kulturmedien, Colta (www.colta.ru), hat sich dafür entschieden, die Arbeit ganz einzustellen, wie die meisten anderen in Russland ansässigen unabhängigen Presseorgane auch.
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